2010 bin ich aus Aachen hier hergezogen in die Regierungshauptstadt Oberfrankens, nach Bayreuth. Ich war sofort fasziniert von der kleinen und gemütlichen Stadt, insbesondere weil ich nicht erwartet hatte, dass ich mich hier verlaufen könnte. Bayreuth war schließlich eine Kleinstadt verglichen mit Aachen! Aber genau das passierte mehrmals, bevor ich mich in der Innenstadt mit seinen wunderschönen Barockgebäuden zurechtfand. Fast zehn Jahre später lebe ich noch immer in Bayreuth und habe den für mich perfektesten Nebenjob gefunden: Stadtführerin.
Dazu gekommen bin ich im Jahr 2016 während der Landesgartenschau. Ein Zufall, der aber meine Liebe zur Geschichte Bayreuths entfachte. Es war perfektes Timing: gerade hatte ich wieder einen schweren Anfall eines Phänomens, das Studierende ab und zu befällt, den sogenannten Bayreuth-Koller. Ich wollte einfach nur noch weg. Es kam mir so vor, als hätte Bayreuth außer vielleicht ein paar netten Barockgebäuden aus dem 18. Jahrhundert keine nennenswerte Geschichte. Mit Wagner konnte ich auch nicht viel anfangen und dass ich neben einer spätgotischen Kirche, der Stadtkirche aus dem 15. Jahrhundert, wohnte, ist mir damals nicht aufgefallen. Bis zur Schulung als Gästeführerin. Und auf einmal hat Bayreuth für mich einen ganz neuen Charme erlangt: eine wechselvolle und sehr lange Geschichte mit faszinierenden Persönlichkeiten, die sich in Stadtrundgängen wunderbar rekonstruieren lässt. Man muss es nur sehen können! Seitdem hat meine Begeisterung für die Stadt nicht abgenommen und selbst an grauen Tagen, die mir in Bayreuth manchmal besonders grau vorkommen, freue ich mich, wenn ich Gäste durch die Stadt führen kann und dabei die Geschichte Bayreuths wieder lebendig wird. Und das Beste ist: ich kann das Ganze auch noch mit meiner zweiten Leidenschaft verbinden, der Sprachwissenschaft. Denn nicht nur Historisches prägt eine Stadt, sondern auch die Sprache. So zum Beispiel Jean Paul mit seinen Wortschöpfungen, die Herkunft des Namens Bayreuth oder was die Straßennamen uns über die Stadt erzählen können.
Meine Liebe zur Sprache habe ich auch hier in Bayreuth entdeckt, allerdings etwas außerhalb auf dem wunderschönen grünen Campus der Universität Bayreuth, teilweise im Gebäude Geisteswissenschaften 1, aber auch in der Zentralbibliothek. Das sind bis heute Orte, an denen ich mich gerne aufhalte. Und im Sommer darf das Feierabendbier im Rondell natürlich nicht fehlen, am besten bei Sonnenuntergang mit tollen Freunden. Dabei passiert auch hin und wieder mal ein „Diätfehler“ in der geselligen Studierendengruppe, wie Cosima es immer bei Richard Wagner bezeichnete, wenn er mal wieder nach einer durchzechten Nacht mit einem schlimmen Kater im Bett lag. Denn auch das Nachtleben ist in Bayreuth toll, wenn man wie ich nicht gerne in Nachtclubs oder Discos geht, sondern lieber gemütlich irgendwo sitzt und mit Freunden etwas trinkt. Und so ist eine kleine Stadt in Franken plötzliche meine Heimat geworden, die ich nicht mehr missen möchte.