In Bayreuth gab es bereits in vergangener Zeit Genussmenschen, die die Spezialitäten der Küche und das Bier zu schätzen wussten. Auch tauchten in der Chronik immer wieder Berichte über Genussorte auf.
Inhaltsverzeichnis
Bekannte Bayreuther Genussmenschen
Bayreuth ist bekannt für seine musikalischen Größen und Philosophen, welche über die Jahre hinweg die Stadt zu Ihrer Heimat machten. Einige von Ihnen verliebten sich jedoch nicht nur in die Stadt und seine naturnahe Umgebung, sondern auch in die fränkischen Genüsse der traditionellen Küche.
Richard Wagner
Richard Wagner war ein großer Genussmensch. Seine Frau Cosima sprach in ihren Tagebüchern oftmals von den „Diätfehlern“ ihres Gatten. Vor allem das Bayreuther Bier hatte es ihm angetan. Er war Stammgast im Lokal Angermann. Er kam oft nach seinen Spaziergängen mit seinem Hund Russ in den Wirtssaal und setzte sich an das sogenannte Kutschertischchen, rauchte eine Zigarre und trank ein Glas Bier. Das tat er meistens langsam und schweigend. Er aß mit Vorliebe Brotzeiten, und dazu hatte er sein eigenes Besteck mit Elfenbeingriff und zwei Tellern. Auch trank er nur aus seinem Stammglas. Die Tradition der Stammgläser/-krüge gibt es in einigen Wirtshäusern auch heute noch.
Darüber hinaus speiste der Genussmensch Wagner im Hotel Goldener Anker die Hummerplatte mit Feigen, und im Lokal Eule soll er des öfteren den fränkischen Sauerbraten bestellt haben.
Jean Paul
„Sonderbar gesund bin ich. Dank dem Bayreuther Bier…“ So äußerte sich Jean Paul, der sich von seinem Freund Osmund aus Bayreuth ab und zu ein Fässchen nach Weimar und Meiningen schicken hat lassen.
Große Freude bereitete ihm der Gedanke an ein Umsiedeln nach Bayreuth: „Aber bin ich erst einmal in Bayreuth – Himmel, wie werd´ ich trinken!“ Auch er war fasziniert vom Genussort Bayreuth.
In seinem Werk “Levana oder Erziehlehre” findet sich folgender Ausspruch zum Bayreuther Bier: “Danken Sie Gott, dass Sie — wie ich — nicht in Sachsen oder im sächsischen Vogtland, sondern in Bayreuth und dem besten Biere — dem Champagner-Bier – am nächsten wohnen.”
Nur einen Nachteil hatte die Stadt für ihn: es wohnten so viele Bayreuther dort…
Genussorte in Bayreuth
Orte des Geniessens, traditioneller fränkischer Küche und selbstgebrauten Bier findet man heutzutage an vielen Ecken der Stadt. Doch wo ging man zu Zeiten Richard Wagners hin um sich ein Festmahl zu gönnen? Einige der Genussorte werden immer noch betrieben und man kann sich vorstellen mit den damaligen Dichtern und Denkern einen Sauerbraten am Sonntagmittag zu essen.
Redoutenhaus, Opernstraße
Hier wurden zu Markgräfin Wilhelmines Zeiten opulente Theateraufführungen und Festlichkeiten abgehalten. Zu diesen barocken Festen kamen alle Speisen gleichzeitig auf den Tisch: Suppe, diverse Fisch- und Fleischsorten, verschiedenes Gemüse und selbst die Süßspeisen. Ein Festessen wurde immer als Gesamtkunstwerk dargeboten.
Zur Hochzeit von Wilhelmines Tochter Friederike Sophie mit dem Herzog von Württemberg gab es zudem für das Volk folgende Speisen: einen Ochsen, zwei Hirsche, acht Hammel und einen Springbrunnen, aus dem Wein und Bier flossen. Aus Sicherheitsgründen durften keine Messer verwendet werden. Man kann sich vorstellen, wie das Essen dann vonstatten ging.
Wittelsbacher Brunnen, Opernstraße
Am 31. Juli 1914, einen Tag vor dem ersten Weltkrieg, wurde der Wittelsbacher Brunnen eingeweiht. Das Festmenü, das zu diesem Ereignis im Hotel Reichsadler dargeboten wurde, fiel so opulent aus, dass die Sozialdemokraten Bayreuths noch fünf Jahre später in ihrem Parteiorgan darüber lästerten.
Hotel Goldener Anker
Das Hotel befindet sich seit Generationen in Familienbesitz. Die Geschichte des Hauses lässt sich bis 1500 zurückverfolgen; seit dieser Zeit hat die Familie das Gast- und Braurecht. Ab 1753 erhielt die Familie die Hotelgerechtigkeit und den Namen Goldener Anker. Der Gast Mark Twain hatte sich über das Haus folgendermaßen geäußert: Im Goldenen Anker könne man hervorragend speisen. Dann verbesserte er sich und meinte, man könne zusehen, wie andere dort hervorragend speisten.
1895, anlässlich des Geburtstages des bayerischen Prinzregenten Luitpold, berichtete das Bayreuther Tagblatt, dass der Stadtrat ein Diner für 80 Personen dort ausrichten ließ. Eine gewaltige Tafel mit russischem Kaviar, Suppe mit Einlage, Rheinsalm, Maccaroni, diversen Salaten, Wildpastete, Wildschweinragout, Rosenkohl, Kalbsvögerl (kleine Rouladen), Gansbrust, mit Trüffel gefüllten Truthahn, verschiedenes Kompott, Käse und Gefrorenes mit Konfekt.
Hotel Schwarzes Ross, Ludwigstraße 2
Das heute nicht mehr existente Haus beherbergte unter anderem Engelbert Humperdinck und Albert Schweizer, der hier seine Bach-Biografie in Angriff nahm – trotz des Lärms in der dort befindlichen stadtbekannten Bierhalle.
Neues Schloss, Ludwigstraße
Zu Zeiten der Markgrafen gab es zahlreiche Feste im Neuen Schloss — ein wahrlicher Genussort. Für die Markgrafen war das Beste gerade gut genug. Man weiß zum Beispiel, dass 1755 ca. 600 Beschäftigte tätig waren. Es waren 14 Köche dort angestellt, es gab einen Hoflebkuchner und sogar einen Trüffeljäger. Angeblich wurden von 1730 bis 1755 rund 35.000 Stück Wild erlegt.
Anfang des 18. Jahrhunderts umfasste ein Speisezettel für einen gewöhnlichen Dienstag für die Mittagsmahlzeit folgende Gerichte: Potage von Kräutern und Morcheln, Rind- und Kalbfleisch, Dörrfleisch, Salate, Lerchenbrust und Entenbraten.
Wenn hohe Gäste erwartet wurden, war die Auswahl natürlich noch exquisiter: So berichtet 1743 Margaret, eine Bäuerin, die Täubchen, Eier und Kräuter ins Schloss lieferte, von hohem Besuch aus Berlin. Die Nichte der Bäuerin war in der Küche des Schlosses beschäftigt und hatte Folgendes zu berichten:
“Extra Reiterstaffetten waren unterwegs, um Trüffel aus dem Elsass zu bringen; das heimische Wildbret wurde auf neue, raffinierte Art mit exotischen Früchten und Gewürzen, die man nur bei Nürnberger oder Augsburger Kaufleuten bekam, zubereitet. Dazu gab es reichlich ausländische Weine. Bei ganz festlichen Banketten kamen auch sogenannte Schaugerichte auf den Tisch. Diese waren mit Zuckerskulpturen und Brunnen, aus denen Edelsteine flossen, ausstaffiert. Je ausgefallener, desto besser. Auch gab es Schaugerichte, die nur bemaltes Porzellan waren.”
Die markgräfliche Küche war sehr fleischlastig. Wild, Geflügel, Rind in jeglicher Form. Die meisten Angehörigen der höheren Gesellschaftsschichten litten auf Grund dieser Ernährung oftmals unter der Gicht.
Das einfachere Volk ernährte sich damals eher karg: der kleine Mann hatte selten Fleisch auf dem Teller. Es standen auf der Tagesordnung Mehlspeisen, Hülsenfrüchte, Rüben, Kraut und Getreidemus aus Hafer oder Gerste. Getrunken wurde Wasser, verdünnt mit Wein wegen der antiseptischen Wirkung, oftmals selbstgebrautes Bier und Milch.
Mann’s Bräu, Friedrichstraße — Die Tradition der Beckenbrauer
Zunächst einmal allgemein zum Thema Bierbrauen in Bayreuth: Da das Brauen in Bayreuth kein zünftiges Gewerbe war, durfte jeder Vollbürger der Stadt im städtischen Brauhaus – natürlich unter Aufsicht des städtischen Braumeisters – jährlich seinen eigenen Haustrunk brauen. Auf dieses Nebengewerbe spezialisierten sich nach und nach die Bäcker. Anfang des 20. Jahrhunderts braute ein „Beck“ etwa fünf bis sechs Hektoliter pro Jahr, die in der Gaststube, der sog. Zechstube, an Genussmenschen ausgeschenkt wurden.
Eine dieser Beckenfamilien war die Familie Mann in der Friedrichstraße. Sie braute ab 1823 sogenannte Schenkbiere und Lagerbiere. Legendär war der Doppelbock. Diesen gibt es auch heute noch – gebraut aber von der Becher Bräu in der Altstadt. Von Mai bis September wurde nicht gebraut. In diesen Monaten war die Kühlung des Bieres nicht gewährleistet. Ab 1911 war die Familie Mann nur noch mit dem Brauen beschäftigt. Das Bäckerhandwerk hatten sie aufgegeben.
In unmittelbarer Nachbarschaft hat auch heutzutage wieder eine Buschenschenke geöffnet: Die Bäckerei Lang hat an die alte Tradition angeknüpft und braut viermal im Jahr ihr eigenes Bier (Die Termine finden Sie auf deren Website (Buschenschänke – Lang Genusswelt (baeckerei-lang.de). Seit über 250 Jahren hat die Familie das Backfeuerrecht, Ende des 18. Jahrhunderts wurde erstmals Braugeschirr erwähnt und ab Anfang des 19. Jahrhunderts wurde eine Bierwirtschaft betrieben.
Das Bauernwärtla, Sophienstraße
Ein weiterer bekannter Beckenbrauer war Georg Bauer, der in der Sophienstraße das „Bauernwärtla“ betrieb. Das „Wärtla“ (Verniedlichungsform von Wirt) hatte Anfang des 20. Jahrhunderts sein Lokal eröffnet und erhielt schon bald großen Zuspruch. Das sogenannte „Laboratorium“ — sein Schankraum – kam zu diesem Namen, da der Wirt allerlei Experimente mit Bier anstellte. So manche trübe „Brieh“ wurde mit einem dunklen Farbmittel getarnt. Manchem Gast mixte er aus den unterschiedlichsten Fässern ein sehr individuelles Getränk zusammen.
Auch seine Witze und Sprüche waren weithin bekannt. Einem forschen Preußen, der nach einem „kleinen Blonden“ verlangte, soll er frotzelnd gesagt haben: „Jetzt wart´st ab, bisd mehr Dorschd host, und dann drinkst a Großes.“ Das Bayreuther Original hatte auch ein Herz für junge Leute, und so mancher Gymnasiast kam zu einem Spottpreis zu einem schweren Kopf. Auch mit 90 Jahren war Georg Bauer noch ein fröhlicher Biertrinker gewesen. Das „Bauernwärtla“ ist auch heute noch eine Kneipe.
Künstlerkneipen der Stadt — heute und damals
Zu Wagners Zeiten war der Angermann eine Institution. Nach den Proben für die Festspiele kamen dort die Künstler und Musiker zusammen. Die Wirtshausnächte waren oftmals ebenso lang wie die Festspielproben. Der Angermann wurde von den Künstlern auch „die Katakomben“ getauft. Ein langer Flur führte in höchst bescheidene, enge sowie niedrige Gastzimmer. Im ersten Stock befand sich ein ebenso wenig glamouröser Saal. Die Gäste saßen auf einfachen langen Holzbänken und ‑tischen. Es wurde Weihenstephaner Bier ausgeschenkt.
Für die Bayreuther Festspielbesucher wurde der Angermann zur Attraktion. Der Andrang während der Festspiele war zeitweise so groß, dass die Gäste nicht nur Zimmer und Hausplatz füllten, sondern mit ihren Maßkrügen in den Händen den gesamten Gehsteig und die Straße bis zu den gegenüberliegenden Häusern (Beobachtung von Hans Bertolo Brand, Fotograf).
Gleich daneben gab es eine weitere Gastwirtschaft, das Weiße Lamm, die in der Festspielzeit ähnlich besucht wurde. Um der neuen Post Platz zu machen, wurden beide Häuser 1892 abgerissen.
Vor dem Abriss sicherte sich Christian Sammet, ein Bayreuther Unikum, noch einen Teil der Einrichtung und brachte diese in seinem Café am Alten Schloss unter. Dort betrieb bereits sein Vater eine Kaffee- und Bierwirtschaft. Im Café Sammet gab es einige Kuriositäten: Wotanschinken, Brünnhilden-Beefsteak, Mime-Eier oder auch Siegmund-Stangenspargel. Das Lokal wurde schon vor 1900 zum gastronomischen Highlight der Festspiel-Hautevolee: Der „Baedeker“ zeichnete Sammets Musenheim mit einem Stern aus. Zur Gästeunterhaltung gab es musikalische Veranstaltungen, Varietégastspiele und Filmvorführungen.
Sammet spielte auch Cosima Wagner ein Geburtstagsständchen mit der Trompete, die war davon aber nicht so beglückt und verbat sich diese musikalische Huldigung. Als er dennoch weiterspielte, handelte er sich eine Anzeige wegen Ruhestörung ein. Ende 1908 schloss das Café Sammet seine Pforten, nachdem die Räumlichkeiten in den Besitz des bayerischen Staats übergegangen waren.
Die Eule in der Kämmereigasse gab es bereits zu Richard Wagners Zeiten. So berichtete der Buchbindermeister Christian Senfft, dass sich Richard Wagner bei ihm nach dem Weg zur Eule erkundigt hatte. Er hatte nämlich erfahren, dass es in einem Gässchen nahe der Stadtkirche ein Restaurant mit besonders gutem Biere geben solle. Da ihm die Wegbeschreibung aber zu kompliziert war, nahm Wagner den guten Buchbindermeister einfach mit, im Arbeitsanzug, zum Dämmerschoppen. Wagner übernahm dann aber auch die Zeche. Der kometenhafte Aufstieg zur Künstlerkneipe begann aber erst nach Richard Wagners Tod. Was für diesen der Angermann war, war für seinen Sohn Siegfried die Eule. Das Nebenzimmer wurde sogar nach ihm benannt. Während der Festspiele trafen sich dort Prominente und Künstler gleichermaßen. Zahlreiche Fotografien an den Wänden erzählen davon. Ab den 1970ern wurde es dann still um die Eule. Man traf sich anderswo. Nach einer umfangreichen Renovierung ist die Eule seit ein paar Jahren wieder offen und bewirtet ihre Gäste nach alter Manier.
Das Weihenstephan in der Bahnhofstraße genoss jahrzehntelang Kultstatus unter den Festspielmitwirkenden. Einmal von zwei weltbekannten Wagnersängern und einem Theaterintendanten gekauft und renoviert, etablierte sich das Lokal schnell zu einem Treffpunkt der Wagnerianer.
Hoch auf der Theta findet sich ein gemütlicher Biergarten unter herrlichem alten Baumbestand. Der beliebte Biergarten wird zur Festspielzeit ein Treffpunkt der Künstler und Musiker der Richard-Wagner-Festspiele. Zusammensitzen, brotzeiten und sich über die Proben und Aufführungen austauschen – eine regelmäßige Abendgestaltung während der Festspielzeit.
Wenn Sie selbst dem Biergarten einen Besuch abstatten wollen, dann bietet sich eine kleine Wanderung an.
Quellen:
Mayer Bernd, Bayreuth G´schichtla
Rückel Gert und Kolb Werner, Stadtführer Bayreuth